Die Frankreichstrategie des Saarlandes – eine Inspiration für unsere Region?

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Im Januar 2014 legte die damalige Ministerpräsidentin des Saarlands, Annegret Kramp-Karrenbauer, Pläne vor, um das Saarland bis 2043 zu einem „multilingualen Raum deutsch-französischer Prägung“ zu machen. Es geht also um eine ganz konkrete, sprachliche und kulturelle Annäherung zum Nachbarland Frankreich.

Wir wollen diese Strategie einmal genauer unter die Lupe nehmen und auch schauen, was die Saarländerinnen und Saarländer von dem Programm halten.

Lassen Sie uns gemeinsam überlegen, ob die Frankreich-Strategie auch ein Vorbild für dri.land in Bezug auf die Niederlande sein könnte! Sind zweisprachige KiTas und das Ziel, innerhalb einer Generation einen multilingualen Raum zu schaffen, realistisch und wünschenswert?

 

Was ist die Frankreichstrategie?

Die angestrebte Zweisprachigkeit soll ein Alleinstellungsmerkmal für das Saarland werden. So könne sich das Bundesland als Tor zu Frankreich, und andersherum als Brücke zu Deutschland profilieren. Indem man auf die multikulturellen Potentiale setzt, hofft man auch, die schwächelnde Wirtschaft und die Eigenständigkeit des Saarlandes zu stärken.

Die saarländische Regierung sieht die Frankreichstrategie als umfassendes zivilgesellschaftliches Projekt. Sie will Französisch als zusätzliche Sprache im Alltag der Menschen etablieren. Dafür stellte Annegret Kramp-Karrenbauer folgende Punkte vor:

  • Französisch sprechende Fachkräfte sollen in der Hälfte der saarländischen KiTas die frühkindliche Spracherziehung garantieren.
  • In den Grundschulen soll ab der ersten Klasse flächendeckend Französisch unterrichtet werden.
  • Die Beschilderung des öffentlichen Raums soll zweisprachig werden und auch staatlich-öffentliche Formulare und Hinweistafeln sollen in Zukunft zweisprachig sein.
  • In der Landesverwaltung sollen Französisch-Kenntnisse als Einstellungskriterium gelten
  • Beschäftigte im öffentlichen Dienst sollen den Anspruch auf eine Sprachaus- und weiterbildung erhalten.
  • Gründung eines saarländischen Büros in Paris. Dort soll ein zentraler Anlaufpunkt entstehen: ein Infopoint für Touristen, ein Konferenzraum für interkulturelle Begegnungen, Ansprechpartner für JournalistInnen und eine Botschaft für das Saarland.

 

Was hält die Bevölkerung von der Strategie?

Doch was hält die Bevölkerung von der Frankreichstrategie? Im April 2017 befragte Dr. Philipp Krämer von der Freien Universität Berlin 1200 Saarländerinnen und Saarländer. Dabei stellte sich Folgendes heraus:

Diese Dinge kommen gut an:

  • 62% der Befragten bewerteten die Frankreichstrategie als gut oder eher gut. Die Zustimmung zur Frankreichstrategie ist in grenznahen Gebieten und vor allem in Saarbrücken am höchsten.
  • Der Ausbau mehrsprachiger Beschilderungen, die Eröffnung eines Verbindungsbüros in Paris und die flächendeckende Einführung zweisprachiger Kindergärten wird mehrheitlich befürwortet.
  • Zweisprachige Formulare in der Verwaltung und zweisprachige Werbung von saarländischen Betrieben befürworten viele Befragte.

Hier gibt es Kritik und Verbesserungsbedarf:

  • Für viele Befragte wird nicht deutlich, welche Vorteile sie selbst von der Frankreichstrategie haben könnten. Deshalb hält eine Mehrheit der Befragten die Frankreichstrategie nicht für für sie persönlich relevant.
  • Die saarländische Regierung hatte dafür plädiert, Französisch als zweite “Verkehrssprache” zu etablieren. “Verkehrssprache” bedeutet jedoch etwas anderes als “Amtssprache”, was viele Saarländerinnen und Saarländer nicht wissen. Es ist nicht geplant, Französisch zur Verwaltungs- und Behördensprache für die Gesamtbevölkerung zu machen. Dies sollte die Regierung offener kommunizieren, damit es nicht zu Missverständnissen kommt.
  • Die Bevölkerung des Saarlandes möchte anscheinend mehr in die Umsetzung der Frankreichstrategie eingebunden werden.
  • Eine große Mehrheit fände es toll, wenn kostenlose VHS-Kurse angeboten würden.
  • Auch die Finanzierung der Projekte im Rahmen der Frankreichstrategie sollte transparenter gestaltet werden. Im April 2017 war die Meinung dazu, ob die Strategie Geldverschwendung sei, sehr gespalten.
  • Obwohl die Landesregierung in der Frankreichstrategie einen Weg zu Eigenständigkeit und wirtschaftlichem Wachstum sieht, sehen die Befragten keine deutliche Verknüpfung zwischen dem Frankreich-Programm und dem Überleben des Saarlandes.
  • Die Mehrheit der Befragten hält es für unrealistisch, dass das Saarland innerhalb einer Generation mehrsprachig wird

 

Auch die Wirtschaft drängt auf Verbesserungen bezüglich der Frankreichstrategie. Für die Wirtschaft kommt es auch auf gute Verkehrsverbindungen zwischen den Ländern an und die Industrie- und Handelskammer des Saarlands wünscht sich weniger Bürokratie für Unternehmen, die im Nachbarland arbeiten. Außerdem werden von Seiten der Wirtschaft Seminare zu interkultureller Kompetenz gefordert, wie der Saarländische Rundfunk berichtet. In einem Audiobeitrag stellt der Saarländische Rundfunk außerdem eine Zwischenbilanz der Frankreichstrategie auf. Und auch das ZDF stellte die Strategie Anfang 2018 in einem Filmbeitrag vor.

 

Zweisprachigkeit in dri.land?

Was denken Sie? Sollte man das saarländische Konzept übernehmen und auch in NRW, oder zumindest in grenznahen Regionen, Niederländisch als zusätzliche Sprache etablieren? Schließlich ist die Niederlande schon jetzt der wichtigste Handelspartner von Nordrhein-Westfalen. Mit Sicherheit könnte man sich einiges vom Saarland abschauen – und andererseits aus den Fehlern des Bundeslands lernen.

 

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